OBERBEKLEIDUNG
Während der Periode 1860-65 besaß eine Dame, je nach sozialer Stellung und Anlaß,
die entsprechende Garderobe. Die Vielfalt der Farben, Stoffe und Stile, gibt dem
weiblichen Re-enactor die Möglichkeit zur persönlichen Gestaltung. So kann aus einem
einfachen Tageskleid durch zufügen von Accesoires schon eine gute Ausstattung werden. Zu
Anfang genügt ein einfacher Rock und eine Bluse. Kommt dazu noch eine Jacke oder ein
Oberteil aus dem Material des Rockes, ist man für normale Fälle gerüstet. Mit einem
zweiten, besseren Rock hat man bereits genügend Auswahl, um an einem Hobbywochenende gut
bekleidet zu sein.
SCHNITT, STIL, MATERIAL: Schnitt und Stil der historischen Bekleidung,
sind mit der Heutigen nicht identisch. Deshalb lassen sich moderne Schnittmuster, ohne
wesentliche Änderung, nicht verwenden. Historische Schnittmuster, aber auch fertige
Kleider, sind im Handel erhältlich. Zum Selbstnähen hier einige
Hinweise: Zeitgemässe Kleidung war besonders durch die 'Schulterblattnaht', und die
'überschnittene Schulter' (bei Männern und Frauen) gekennzeichnet. Das Oberteil ist
enganliegend geschnitten. Verschlüsse bestehen aus Knöpfen, Haken und Ösen oder
Verschnürungen (keine Reiß- oder Klettverschlüsse). Sie können wahlweise vorn oder
hinten sein. Frontverschlüsse sind praktischer. Zum Material: Auch wenn
die Beschaffung etwas schwierig sein kann, sollte immer Naturfaser verwendet werden
(Baumwolle, Seide oder Wolle). Moderne Fasermischungen sind manchmal unvermeidbar, sollten
aber als solche nicht sofort erkennbar sein. Genauso wichtig wie das Material, sind die Farben
und Muster der Stoffe. Die verwendeten Naturfarben waren nicht so
kräftig, wie wir es heute gewohnt sind. Helle, leuchtende Töne, waren zwar erhältlich,
natürliche, dezente Farben wurden aber bevorzugt. Die auffällig gefärbten Kleider
(besonders Rot, ebenso Schminke) waren den 'Damen der Nacht' vorbehalten. Durchgewebte,
einfach gemusterte Baumwollstoffe waren wohl am weitesten verbreitet. Aber auch bedruckte
Baumwollstoffe wurden verwendet. Sie waren erheblich billiger und sind deshalb für
einfache Kleidungsstücke geeignet. Verzierungen bestanden aus Bändern,
Schnüren, Kordeln, Spitzen, Rüschen etc. Vorsicht vor den schön glänzenden
Kunstfasern!
Welche Bekleidung zu welchem Anlass?
Die Campkleidung besteht aus einem Rock, uni oder bedruckt, einer
Bluse, einer Schürze, einer einfachen Jacke oder dem grossen Tuch um Kopf und Schultern.
Wichtig, besonders im Süden, ist das Häubchen, und/oder das gehäkelte Haarnetz. Der Rock
ist kaum verziert, und endet ca. 5 cm über dem Boden. Da zu dieser 'Arbeitsbekleidung'
kein Reifrock getragen wird, kann auch an der Stoffülle gespart werden. Dunkle Farben
sind für die täglichen Arbeiten im Camp und am Feuer am besten geeignet. Die Bluse
soll einfach, unverziert, mit langen, fülligen Ärmeln und überschnittener Schulter
sein. Gebleichter oder ungebleichter Musselin ist gut geeignet. Eine grosse, weisse
Schürze, aus einfachem Stoff, reichlich bemessen, verhindert das zu schnelle Verschmutzen
der Kleidung. Mit einer einfachen Jacke oder einem grossen Tuch
um Kopf und Oberkörper, hat man etwas Schutz bei kühlem Wetter. Die Alternative zu Rock
und Bluse, ist das einfache Kleid. Die vorher beschriebenen Merkmale sollten dabei
berücksichtigt werden.
Das Tageskleid ist die normale Bekleidung für zuhause oder bei guten
Freunden in der Nachbarschaft. Es ist schlicht bis dezent, ein- oder zweiteilig, und kann
mit oder ohne Reifrock getragen werden. Folgende allgemeine Richtlinien sollten beachtet
werden:
- kleine Verzierungen,
- Oberteil korrekt (eng) anliegend,
- Abnäher nur vorn,.aufrecht zwischen Taille und Brust (keine Seitenabnäher, diese sind
modern),
- überschnittene Schultern,
- Schulterblattnähte,
- lange, volle Ärmel,
- hochgeschlossen am Hals,
- Vorder- oder Rückenverschluss mit Knöpfen, Haken und Ösen oder Verschnürung.
Viele gute Vorschläge sind in den 'Ladies Sketchbooks'.
Das Straßenkleid wird vornehmlich außer Haus getragen. Etwa zu einem
Spaziergang, bei Besuchen in der näheren Umgebung, bei Kutschfahrten und ähnlichem.
Kurz, ein Kleid zum herzeigen. Im Rahmen der obigen Grundsätze, kann man hier frei
gestalten. Insgesamt ist das Material und die Verarbeitung von höherer Qualität als beim
Tageskleid. Alternativen sind: Rock, bessere Bluse und Bolerojacke, oder Jackett.
Das Reisekleid ist von hoher Qualität. Die Materialien mußten
einiges aushalten können, da das Reisen eine umständliche, anstrengende und auch
schmutzige Angelegenheit war. Die Stoffe waren deshalb meist dunkel gefärbt. Wenige, aber
geschmackvolle Verzierungen gaben den schweren Kleidern trotzdem ein elegantes Aussehen.
Auf Rüschen und Volants mußte weitgehend verzichtet werden. Sie waren beim Besteigen von
Kutschen oder Eisenbahnwagen nur hinderlich. Ansonsten ist der Phantasie nur die
Stilgrenze gesetzt.
Das Tee- oder Abendkleid ist das extravagante, reich verzierte, teure
Kleid, zum formellen Tee, dem festlichen Abendessen und den Familienfesten. Nicht jede
Dame konnte sich dieses Kleid leisten. Hier verlässt der Kragen zum erstenmal den Hals.
Die Ausschnitte sind rund, eckig oder V-förmig. In jedem Fall aber züchtig
(viktorianisch), und keinesfalls schulterfrei (die Vorbilder aus Hollywood sind an dieser
Stelle meist zu offenherzig). Nun aber kommen die feinsten Stoffe und die teuersten
Verzierungen zur Verwendung. Auch die Stoffülle war beachtlich. Im Süden wurden später
einfachere Baumwollstoffe, aus Mangel an besseren Geweben, verwendet. Reichlich dekoriert,
standen diese Kleider denen aus dem Norden in nichts nach.
Das Ballkleid ist. das aufwendigste und auffälligste Kleid der
Garderobe. Geschmack und Geld bestimmen Form und Aussehen. Die Damen der 'besseren
Gesellschaft' versuchten sich gegenseitig mit dem Glanz ihrer Roben zu übertreffen.
Dieses Kleid kann schulterfrei sein. Die Ärmel sind meist sehr kurz (Puffärmel), oder
fehlen ganz. Verzierungen können reich bis kostbar sein (Stickerei, Perlen, Steine,
Seidenblumen etc.).
Allgemeine Bemerkungen:
Entscheidend für die Wahl der Kleidung ist die Art der Darstellung. Die Damen des
Nordens hatten grössere Freiheit in der Wahl der Materialien und des Stils. Die Damen des
Südens hatten nur beschränkte Möglichkeiten teure Stoffe, Bänder und neueste Mode zu
erhalten. Mit Fortgang des Krieges wurden die Kleider zusehends schlichter. Es war nicht
angebracht in auffälligem Gegensatz zu den Kriegsereignissen aufzutreten (besonders im
Süden). Historisch gute Kleider brauchen nicht besonders teuer zu sein. Eine Dame in den
USA, hat ihr Ballkleid aus Musselin, in Tee gefärbt, genäht. Es ist sehr geschmackvoll
mit Kürbissamen bestickt, und wird regelmässig auf Wettbewerben mit 1. Plätzen
bewertet. Besonders wichtig für die Stilwahl, sind Alter, soziales Umfeld und Herkunft
der Trägerin. Die grossen Städte des Nordens lagen nur ca. 6 Monate hinter der 'Pariser
Mode'. Anders ist die Situation in Kleinstädten oder auf dem Land. Dort haben kurzlebige
Modeerscheinungen keine Rolle gespielt. Im Süden war die 'Pariser Mode' wohl auch durch
die Blockade geschlüpft, hatte aber keinen allgemein erkennbaren Einfluss. Nachgemacht
wurde sie trotzdem - besonders bei den Accesoires. So konnten alte Kleider ein bißchen
umgeändert und neu dekoriert werden, und fertig war das 'Neue'. Bekannt ist die Szene aus
'vom Winde verweht': Scarlett O'Hara trägt ein grünes Samtkleid; kurz vorher war es noch
ein Wohnzimmervorhang. Fertige Schnittmuster, aus allen Epochen, sind im Handel zu
erhalten. Zweckmässig für die Bürgerkriegsdarsteller sind Schnitte etwa aus der Zeit
1855-1864.
UNTERBEKLEIDUNG
Das zeittypische Aussehen der Oberbekleidung, wird nicht nur durch den korrekten
Schnitt erreicht, sondern wesentlich durch die richtige Unterbekleidung bestimmt. Erst das
historische Korsett verleiht dem Oberteil die richtige, (viktorianische) Form. Das Camisol
wird über dem Korsett getragen, und mildert die Konturen. Der Reifrock oder die Krinoline
geben dem Rock seine typische Silhuoette, ohne daß eine Vielzahl von Unterröcken nötig
wären. Reifrockformen haben sich im Verlauf der Jahre leicht verändert. In den späten
50ern erscheinen sie glockig, zu Anfang der 60er dreieckig, und gegen Ende des Krieges
elliptisch. Ein Unterrock über dem Reifrock getragen, verhindert, daß die Knochen- oder
Drahtgestelle durch die Oberbekleidung sichtbar wurden.
Vielen Anfängern.scheint es unwichtig, diesen hohen Aufwand an Genauigkeit zu treiben.
Sie werden aber bald feststellen, daß sie mit den 'kleinen Abänderungen' nicht
glücklich sind, und alles wieder von vorn beginnen. Dies verursacht Mehrkosten und Frust.
Sie tun sich selbst und ihrer Umgebung einen Gefallen, wenn sie im 'richtigen' Kleid
erscheinen. An Anerkennung und Komplimenten wird dann kein Mangel sein.
Das lange Unterhemd (chemise): Diese Art Unterhemd wird direkt am
Körper getragen. Reichte es anfangs (50er Jahre) noch bis zum Knöchel, wird es
allmählich kürzer, bis etwa auf Kniehöhe. Meist ist es aus leichtem Baumwollmaterial
und nur wenig verziert. Das Korsett ist das typische Folterinstrument des
19.Jahrhunderts, aber für die perfekte Figur unerlässlich. Mit Walknochen, stabilem
Stoff und vielen Schnüren konnte so die jeweils modische Tagestaille hergeschnürt
werden. Heute im Handel erhältliche Modelle sind bequemer als ihre historischen
Vorbilder.
Die Unterjacke (camisol) wird über dem Korsett getragen. Sie soll
schön eng anliegen,und so geschnitten sein, daß von außen keine Falten sichtbar sind.
Gewöhnlich ist sie vorn schliessbar, geknöpft oder gehakt.
Die Unterhose (pantalettes) kommt in vielen Typen vor. Gemeinsam ist
allen, daß kein Trikot, sondern Baumwollstoff und keine Gummibänder, sondern Zugbänder
verwendet wurden. Die Varianten umfassen knie- bis knöchellang, im Schritt offen oder
geschlossen. In der Ausführung schlicht bis reich verziert.
Der Unterrock wird unter dem Reifrock getragen. Er reicht von der
Taille bis zu den Knöcheln, und soll die Trägerin vor den Drähten oder Knochen des
Reifrockes schützen. Ca. 3 m Stoff an der Taille sind ausreichend. Der Saum kann mit
einer einfachen Rüsche verziert werden. Der Rock ist entberlich, wenn ein geschlossener
Reifrock getragen wird.
Der Reifrock kommt in zwei Grundtypen vor:
- der offene Reifrock oder die Krinoline. Diese reine Tragekonstruktion. ist aus
Fischbein, Draht, Leder, Bändern und Ähnlichem hergestellt. Detailskizzen sind in den
'Ladies Sketch books'.
- der geschlossene Reifrock. Hier sind die Reifen mit dem Rock verbunden. Sie werden
entweder in aufgenähte Tunnel geschoben, oder mit dem Rock vernäht.
Praktischer erscheint die Lösung mit den innen aufgenähten Bändern, in die moderne
Fischbeinreifen eingeschoben werden. Der Rock wird jeweils vor dem Ankleiden komplettiert.
Er kann so besser gereinigt transportiert und aufbewahrt werden.
Der Überrock wird über dem Reifrock getragen. Er soll das
Durchdrücken der Reifen nach außen verhindern (die Abstufungen des Reifrockes sollen von
außen nicht sichtbar sein). Der einfache Rock lebt von der grossen Stoffülle, stark
gerüscht, erfordert er mehr Arbeit. Er ist sehr wichtig. Die Oberbekleidung wirkt dadurch
füllig und duftig.
Die Strümpfe sollten aus reiner Baumwolle oder Seide sein (moderne
Strumpfhosen sind kein Ersatz). Die historischen Strümpfe kommen in vielen Farben und
Mustern vor. Schwarz und weiß waren aber dominierend, da diese Farben mit allen Kleidern
kombinierbar waren.
Die Strumpfbänder, einfache Elastikringe, halten die Strümpfe kurz
über dem Knie fest. Verzierte Stücke sind den 'besonderen Damen' vorbehalten.
Schuhe werden durch amerikanische Händler bereits seit einiger Zeit
in verschiedenen Ausführungen angeboten. Bei uns gibt es kein spezielles Angebot.
Trotzdem einige Hinweise: Zur Campausstattung passen am besten einfache, knöchelhohe,
geschnürte Stiefel mit flachem Absatz. Sie geben im rauhen, unebenen Gelände dem
Fußgelenk genügend Halt. Zu den Tageskleidern lassen sich flache, offene Schuhe
(ähnlich denen wie sie zu Mädchenkleidern getragen werden) gut tragen. Zu den Abend- und
Ballkleidern eignen sich flache 'Ballerinas' oder Gymnastikschuhe aus Stoff (natürlich
mit Ledersohlen).
ACCESOIRES
Das Haarnetz (snood), war aus hellen, naturfarbigen Baumwollgarnen
gehäkelt. Andersfarbige Haarnetze (schwarz, braun) kommen vor, sind aber selten.
Besonders im Süden war es das Kennzeichen der 'anständigen Frau'. Es gehört zu allen
Kleidern, mit Ausnahme des Ballkleides.
Häubchen (bonnets) oder Hüte, werden darüber getragen. Zum
Ballkleid gehört eine festliche (mit Blumen, Bändern, Federn) geschmückte Frisur, die
mit Haarteilen, Zöpfen und/oder 'Schillerlocken' (curls) veredelt, besonders prachtvoll
ist.
Die Handtasche (reticule) war meist ein kleiner Beutel. Er kann aus
dem Material des Kleides, aus kontrastierenden Stoffen oder gehäkelt und gefüttert sein.
Die Größe ist vom persöhnlichen Bedarf abhängig. Als Verschluss eignet sich ein
doppeltes Durchzugsband. Natürlich waren den reicheren Damen hier an Kostbarkeiten kaum
Grenzen gesetzt. Die Museen sind voll mit ausgefallenen Schöpfungen aus dieser Zeit.
Kleine oder grosse Kragen waren sehr populär, da sie leicht
auswechselbar waren. Am kleinen Halsausschnitt bildeten sie den schmückenden Abschluss
des Kleides.
Schmuck gehörte damals wie heute zum Erscheinungsbild einer Dame. Die
Durchschnittsfrau trug Ohrringe, Broschen, Halsketten, Ringe und Armbänder. Alle
gängigen Materialien der Zeit wurden verwendet. Der persöhnliche Geschmack ist hier
natürlich entscheident. Nur zwei Hinweise: Ohrringe waren meist eine Art Pendel, mit
Perlen oder gefassten Steinen, die im durchstochenen Ohr getragen wurden. Als Brosche, dem
zentralen Schmuckstück am Kleid, findet man: Gemmen, gefasste Halbedelsteine, bemaltes
Porzellan und andere schmucke Dinge.
Handschuhe (mitts oder gloves). Wichtig: Eine Dame (Norden oder
Süden) zeigte sich öffentlich nie ohne Handschuhe. Am meisten wurde der gehäkelte,
fingerlose Handschuh ('mit') verwendet. Zum Reisekleid, oder in der kalten Jahreszeit,
kann ein normaler Leder- oder Strickhandschuh (gloves) getragen werden. Zum Abend- und
Ballkleid gehört ein besonders fein gehäkelter, fingerloser, auch farbiger Handschuh
oder der armlange Abendhandschuh.
Hüte: Zu diesem Punkt lässt sich nur wenig Konkretes sagen. Die
Vielfalt ist zu groß. Im Süden findet man häufig den breiten Strohhut, mit Bändern und
Blumen. Im Norden waren kleinere und mittelgrosse Filzhüte, hinten mit Schleier, weit
verbreitet (Typ Derby). Dazu kamen geschmackvolle Dekorationen aus Federn, Bändern,
Blumen usw. Zum einfachen Kleid gehörte im Norden wie im Süden, besonders ausserhalb der
grossen Städte, das Häubchen (bonnet).
Schirmchen (parasol): Dieses eigenwillige Ding ist mit den heutigen
Schirmen nicht vergleichbar. Dieser kleine Schmuckschirm ist stark gerundet und mehr oder
weniger stark verziert.
Der Fächer, in den wärmeren Ländern und im Süden sehr beliebt, in
tabakrauchender Gesellschaft auch nötig, war im Norden zum reinen Schmuckstück
degeneriert. Grössen, Typen und Material waren sehr vielfältig. Genaue Angaben lassen
sich nicht machen. Nur soviel: Plastik gab es noch nicht, aber: Papier, Stroh, Holz,
Federn, Knochen (Elfenbein), Stoff - fast alles.
ABBILDUNG (Unterbekleidung):
- entfernt -
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